Polypharmazie
Ein spürbares Problem
Gleich drei Kettenreaktionen treffen in der aktuellen Gesellschaft aufeinander: Auf der einen Seite steht die demoskopische Entwicklung. Allgemein bekannt ist, dass die Menschen immer älter werden. Eine unbedingt positive Entwicklung, die hauptsächlich dem fortschrittlichen Gesundheitswesen, der Medizin, Forschung und Pharmazie zu verdanken ist. Die Bundesrepublik Deutschland gehört in dieser zu Hinsicht zu den weltweit führenden Ländern schlechthin. Das Beklagen von Missständen ist im Weltvergleich das vielzitierte „Jammern auf ganz hohem Niveau“. Die negative Kehrseite der Medaille ist, dass mit fortgeschrittenem Alter üblicherweise vermehrt akute als auch chronische Krankheiten auftreten. Werden die Symptome im Normalfall noch einer einzigen Krankheit zugeordnet, ist das bei Mehrfacherkrankungen – der Multimorbidität – nicht mehr zweifelsfrei möglich. Eine Kette, bei der Anfang und Ende nicht mehr identifiziert werden können. Und schon nimmt Kette Nummer 3 ihren Lauf: Der Patient nimmt aufgrund der individuellen Diagnose gegen eine Krankheit ein Medikament ein. Gegen die nächste Erkrankung bekommt er vom nächsten Facharzt ein vollkommen anderes Präparat verordnet, dessen Wirkstoffe sich nicht mit dem anderen Medikament vertragen. Dem folgen weitere von anderen Fachärzten. Ein überaus riskanter Schneeballeffekt, der aus dem warnenden Lehrbuch stammen könnte.
Ein weiteres nicht nur vorstellbares, stattdessen häufig zu beobachtendes Szenario ist es, dass eine einzelne Krankheit behandelt wird, das eingesetzte Medikament alleine aber nicht den gewünschten Erfolg zeigt oder für implizierte Nebenwirkungen sorgt. Als Resultat werden weitere Medikamente verordnet. So beispielsweise eines als Kardinalmedikament gegen die Krankheit selbst, das nächste gegen die Nebenwirkungen, das nächste gegen die möglichen Nebenwirkungen der Nebenwirkungen usw. Gerade bei Erkrankungen der Herz-Kreislaufsystems oder neurologischen Indikationen müssen mehreren charakteristische Symptome zeitgleich behandelt werden. Unter dem Strich steht eine immense Tablettenflut, die als das kleinere Übel im Verhältnis zu den Risiken der Haupterkrankung selbst in Kauf genommen wird.
Welche Auswirkungen das bei mehreren vorliegenden Erkrankungen haben kann, liegt auf der Hand. Selbst wenn das nach überzogener Dramatik klingen könnte, ist es leider eine Tatsache: Die Behandlung mit nicht aufeinander abgestimmten Medikamenten ist lebensgefährlich. Schätzungen des Bundesministeriums für Arzneimittel und Medizinprodukte zufolge sorgt die gleichzeitige Verordnung mehrere Medikamente jährlich für 300.000 Krankenhauseinweisungen. Pro Jahr sind allein hierzulande über 30.000 vermeidbare (!) Sterbefälle zu beklagen. Gut festhalten: Das sind mehr als 8-mal so viele Menschen, wie bei Verkehrsunfällen sterben. Wechselwirkungen von Medikamenten zählen mit Abstand zu den häufigsten unnatürlichen Todesursachen in Deutschland. Verbleibt also die Frage im Raum, ob die Vielzahl der am Markt zur Verfügung stehende Präparate in diesem hochentwickelten Land wirklich Anlass zu Freudensprüngen ist, solange die Informationskette – schon wieder eine Kette – nicht lückenlos gewährleistet ist.
Aufklärung notwendig
Auch bei der Begründung, weshalb mehr Aufklärung dringend geboten ist, bleiben wir bei unserem Kettenprinzip: Besuchen Sie einen Facharzt, kann weder der Hausarzt noch ein Arzt in der Klinik zuverlässig wissen, welche Medikamente verordnet worden sind. Noch plakativer bei Menschen mit beginnender Demenz oder sonstigen neurologischen Erkrankungen. Selbstverständlich möchte der Arzt abfragen, welche Präparate Sie einnehmen oder in jüngster Vergangenheit eingenommen haben, ob Vorerkrankungen oder erbliche Vorbelastungen existieren. Wissen Sie das? Können Sie darüber in diesem Augenblick wirklich konkrete, exakte Auskunft geben? Sie vermuten an sich selbst ein sich schleichend verabschiedendes Gedächtnis, die Konzentrationsfähig ist beeinträchtigt. Die Vermutung, dass hier entscheidende Informationen auf der Strecke bleiben, ist mehr als berechtigt.
Der vollkommen verkehrte Ansatz wäre es, die Schuld für die Polypharmazie den verordnenden Ärzten in die Schuhe zu schieben. Der patientenindividuelle Informationsaustausch unterhalb der Fachärzte ist bislang nicht sinnvoll organisiert; letztlich auch eine Tatsache, die dem Patientengeheimnis und der Umsetzbarkeit im Praxis-Alltag geschuldet ist. Hinzu kommt, dass die Patienten oftmals nicht vernünftig darüber Auskunft geben können, welche Präparate sie in der Vergangenheit genommen haben oder aktuell nehmen. Außerdem werden rezeptfrei verkäufliche OTC-Medikamente nicht dokumentiert, sodass Ärzte gar nicht die Möglichkeit haben, die im Therapieplan zu berücksichtigen. Umso dramatischer, wenn Erkrankte sich mit preisgünstigen Angeboten aus dem Ausland eindecken. Medizinische Laien sollten die immanente Gefahr der Polypharmazie auf keinen Fall unterschätzen. Um es ganz deutlich zu sagen: Die ist immens. Ob die Entwicklung, dass Krankenkassen seit 2012 die Kosten für manche rezeptfreien Medikamente erstatten, positiv oder kontraproduktiv ist, sei einfach mal dahingestellt.
Die Forderung nach Aufklärung richtet sich zugleich an Ärzte und Apotheker. Schon aus langfristiger Sicht sollten diese Berufsgruppen ein maßgebliches Interesse an aufgeklärten Patienten haben. Schließlich gilt hier der Umkehrschluss: Nur wer weiß, welche potenziellen Risiken oder Wechselwirkungen ein Präparat birgt, kann im späteren Verlauf andere Ärzte darüber informieren. Das Thema hat sich bei Krankenkassen, Politik und im Medizinwesen noch nicht praktikabel umsetzen lassen. Nur logisch, dass bis zu einer möglichen Lösung die bodenständige Variante genutzt werden muss. Und die heißt Transparenz, Aufklärung und Information für die Patienten.
Vorsicht ist geboten
Nein, der Beipackzettel von Medikamenten ist nicht lediglich die Absicherung der Pharmakonzerne. Der hat unbedingt Sinn, selbst wenn der medizinisch ungebildete Laie oftmals kaum ein Wort versteht. Aufgeklärt wird darin u.a. nicht nur über mögliche Begleiterscheinungen, sondern auch über Wechselwirkungen und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser Nebenerscheinungen. Sind Sie damit immer noch keinen Schritt weiter, scheuen Sie sich nicht, den Arzt oder Apotheker darauf anzusprechen. Die Problematik von Polypharmazie ist im Medizinwesen bekannt und beileibe kein Tabuthema. Der Arzt wird sich keinesfalls belästigt fühlen, wenn Sie sich über Nebenwirkungen informieren. Ganz im Gegenteil: Im Normalfall wird er ihre Eigenverantwortlichkeit sogar anerkennen. Schließlich arbeiten Sie ihm zu und erleichtern die ärztliche Tätigkeit durch Informationen. Exakt das, was der Arzt für die präzise Diagnose und die effektive medikamentöse Therapie benötigt, ihm aber oftmals nicht zur Verfügung steht.
Der Begriff „Medikationsfehler“ ist immer umgeben mit einem Nimbus von Schuld. Darum geht es aber schlichtweg nicht. Vielmehr wichtig ist es, die – auch eigenverantwortlich – zu vermeiden. Die negative Polypharmazie kann aus den unterschiedlichsten Gründen resultieren. In der hochfrequentierten Praxis weiß der Hausarzt Bescheid, hält diese Informationen allerdings möglicherweise nicht schriftlich fest. In der Klinik stehen die eingenommenen Präparate zwar in der Akte, werden aber eventuell nicht komplett in den Brief an den Hausarzt übernommen. Frei verkäufliche OTC-Medikament sind schlichtweg nirgends in Ihren Patientendaten aufgeführt. Sie müssen zum spezialisierten Facharzt, dem Onkologen, Kardiologen, dem Rheumatologen, Augen- oder Ohrenarzt und mehr.
Hier kommt die hoffentlich sensibilisierende Wahrheit: Der Hausarzt weiß über dessen Verschreibungen nur in den seltensten Fällen Bescheid. Die Ärzte haben gar keine andere Chance, als von der sogenannten Evidenz auszugehen, der „höchstmöglichen Wahrscheinlichkeit“, und die zum Fundament ihrer Entscheidungen zu machen. Seien Sie vorsichtig. Noch plakativer: Nehmen Sie nichts ein, von dem Sie nicht wissen, was es ist.
Vorsorgemaßnahmen sind das A und O
Kontrolle und Vorsorge sind im Sinne der eigenen Gesundheit unbedingt wichtig. Obschon die eigentliche Diagnose und Behandlung von Krankheiten ausschließlich eine Aufgabe für fachkundige Ärzte ist, kann und darf der Mensch die Eigenverantwortung nicht aufgeben. Vertrauensvoll begibt man sich in die Hand des Mediziners; der kann aber nicht alles wissen. Nicht zu vergessen, dass Ärzte Menschen wie jeder andere auch sind und ebenso menschliche Fehler machen können. Wie aber können solche Vorsorgemaßnahmen aussehen? Nun, erinnern wir uns daran, dass die interdisziplinäre Dokumentation aus den unterschiedlichsten Gründen in der Realität nicht schlüssig gewährleistet ist. Also sollte jeder Patient zwingend eine eigene Liste der Medikamente führen.
Ganz banal will das sagen: Schreiben sie sich alles auf, führen Sie gerne einen Ordner mit Namen und chronologischem Verordnungszeitpunkt der Präparate. Sinnvollerweise heften Sie sogar die Beipackzettel ab. Dazu gehören übrigens auch Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminpräparate. Erst die wirklich lückenlose „Beweisführung“ ermöglicht dem Arzt die fundierte Beurteilung möglicher Wechselwirkungen. Diese eigenständig geführten Aufzeichnungen können ihre Altersvorsorge und Lebensversicherung sein.
Allerdings: Polypharmazie – also Fehlmedikation mit unabgestimmten oder wechselwirkenden Medikamenten – geschieht nicht ausschließlich durch unsachgemäße Verordnung oder den „Privatkauf“ der nicht dokumentierten OTC-Medikamente. Der Medikationsplan kann seitens der behandelnden Ärzte bestens aufeinander abgestimmt sein. Das hilft nicht das Geringste, wenn einzelne Präparate im sinnvollen Tabletten-Mix nicht oder nicht rechtzeitig eingenommen werden. Erst recht nicht, wenn eine Medikamenteneinnahme vergessen wurde, und der Patient versucht, das Versäumte mit der nächsten Ration nachzuholen. Letztlich nur die logische Weiterführung des Gedankens: Sorgen falsch korrelierende Medikament für lebensbedrohliche Nebenwirkungen, ist es auf der anderen Seite zwangsläufig so, dass vernünftig abgestimmte nur dann nebenwirkungsfrei sein können, wenn sie im Gesamtkonzept genommen werden – also lückenlos.
Zugegeben, im Alltag ist das – je nach Erkrankung und Konstitution des Patienten – bisweilen schwer umzusetzen. Handelsübliche Tablettenboxen, Verpackungen und Blister bergen immer die Gefahr, den Termin zu verpassen, die falschen Pillen oder – von der Tablettenflut verwirrt – eine Überdosis einzunehmen. Abhilfe verspricht der digitale Tablettenspender CAREOUSEL. Die Tablettenbox verfügt über insgesamt 28 Fächer, in denen die Präparate für mehrere Tage vorsortiert werden können. Ist der Patient dazu selbst nicht imstande, kann die Medikamentenstellung vom Apotheker, dem Pflegedienst oder den Verwandten durchgeführt werden. Zum Entnahmezeitpunkt rotiert das Rad des CAREOUSEL‘ zum Ausgabefach. Ihrer Sicherheit zuliebe ist in dem Augenblick nur Zugriff auf ein einziges Fach möglich, wodurch die Einnahme falscher Präparate zum falschen Zeitpunkt unterbunden wird. Außerdem kann die automatische Tablettenbox gegen unbefugten Zugriff abgeschlossen werden. Ein praktisches und alltagstaugliches Gerät gegen Polypharmazie.
Das Entscheidende ist Ihre Gesundheit!